Innerer Konflikt

Innere Konflikte sind meiner Meinung nach etwas Widerliches. Wer die körperlichen Zustände eines inneren Konfliktes schon einmal gespürt hat, wird mir mit Sicherheit zustimmen.

Es fühlt sich an, als würde man vorwärts wollen und gleichzeitig nach hinten gedrückt werden. Was entsteht ist eine Art Paralyse, eine Schockstarre. Nur das sich diese nicht gerade neutral anfühlt, sondern die Energien arbeiten weiter, sie wandern im Körper rauf und runter, nach vorne und zurück. Innerer Druck und Unruhe entstehen. Ärger entsteht.

Ärger als Rettungssanitäter schaltet sich ein, und will diesen unangenehmen Zustand sanieren. Aber wohin damit? Wohin mit dem Ärger? Soll er sich in schlagkräftige Muskelbewegungen ausdrücken oder in einer Schimpftirade?

Ich bin mal mutig, und halte ihn aus. Widerlich, wie gesagt, aber ein Versuch wert. Was hat er zu sagen, was drückt er aus? Ah okay, er wollte mir helfen. Na gut, dann danke.

Er wollte mich anscheinend vorwärts bewegen, weil ich so erstarrt war. Wollte eine Lösung anbieten. Nicht schlecht Herr Specht. Hätte er fast hinbekommen.

Aber zum klaren Denken ist das nicht gerade eine Unterstützung. Also bitte mal wieder Platz machen, danke.

Ich erinnere mich gerade an eine Aussage über Stress: Nicht das Ereignis ist stressig, sondern die Vorstellung beziehungsweise die Bewertung davon.

Okay das muss man mal verdauen, weil es ja auch nicht gerade eine bekräftigende, bestärkende Aussage ist. Es lässt ein bisschen mitschwingen, dass man selbst Schuld daran hätte, wenn man gestresst ist. Man ja nur eine Umbewertung vornehmen müsste, und dann passt wieder alles.

Das soll es aber gar nicht aussagen, leider wird es oft so vermittelt. Das heißt so interpretiert, also subjektiv gedeutet, bewertet. Und da sind wir auch schon wieder beim selben Thema. Bewertungen. Warum bewerten wir eigentlich und könnten wir es nicht einfach lassen, wenn es doch oft so negative Konsequenzen hat?

Ganz ehrlich? Wir können es nicht lassen. Auch diejenigen, die es von sich behaupten, liegen meiner Meinung nach falsch. Denn im besten Fall haben sie sich nur bemüht nicht schlecht zu bewerten. Aber was sie immer noch tun ist etwas gut bewerten. Und auch das kann negative Folgen haben, auch wenn man es nach dem ersten Eindruck nach nicht glauben würde. Es kann genauso eine Verzerrung der Realität sein wie das andere auch.

In Kurzform könnte die Angst vor der Angst einen nur zu einer passiven Gleichgültigkeit bringen oder zu einem illusorischen Konstrukt des positiven Denkens. Zweiteres wird ja in der heutigen Zeit hoch gepriesen. Was mich nicht verwundert, weil es ein praktischer Abwehrmechanismus ist. Augen zu und durch. Oder korrekter gesagt: Augen auf und sich vorstellen, dass es anders ist als in der Realität. Schöner, besser, reiner, gütiger. Alles nicht so schlimm, passt ja schon, schau.

Ich persönlich kann da aber nix erkennen. Als würde da jemand von einem roten Elefanten mit Stöckelschuhen sprechen. Um was geht´s da bitte? Von was reden die da bitte?

Erzählen die von ihren Träumen oder von gehörten Märchen? Oder sehen sie das wirklich?

Lassen wir das mal so stehen. Und widmen uns wieder dem Stress.

Stress ist eng verknüpft mit Angst. Und Angst entsteht, wenn wir keinen geeigneten Bewältigungsmechanismus für eine Situation besitzen. Ein Beispiel:

Ich sehe einen Bären. Ich habe Angst.

Bob sieht einen Bären. Er hat keine Angst.

Warum? Vielleicht weil ich nicht weiß, wie ich in so einer Situation reagieren soll. Wie ich mich wehren kann, ob ich mich überhaupt wehren muss, oder was überhaupt die Situation erfordert.

Bob weiß das aber genau. Er hatte schon viele Begegnungen mit Bären und hat auch immer einen Notfallplan in petto.

So, wir sehen also, es geht auch um Überforderung. Eine Forderung, die über unseren scheinbaren Möglichkeiten liegt.

(Kurzer Exkurs) Es gibt diese eine bekannte Frage zu einer Fantasiereise: Was würdest du auf eine einsame Insel mitnehmen?

Letztens habe ich mir spontan vorgestellt: Ein Elixier, damit ich keine Angst habe und Menschen bei denen ich mich wohl fühle.

Simpel. Denn wenn ich keine Angst habe, dann werde ich einfach alles ausprobieren, was ich zum Überleben brauche. Jeglicher Gefahr trotzen. Und wenn ich sterbe, dann sterbe ich halt. Und wenn ich dann noch Menschen bei mir habe, wo ich mich gut aufgehoben fühle, dann passt alles.

Ist ja allgemein ein lustiges Gedankenexperiment: Was würde man machen, wenn man keine Angst hätte?

Manch einer wird sich dieser Frage nicht bewusst aussetzen wollen. Und andere wird es spannenderweise beflügeln.

Ah da haben wir auch schon eine neue Überleitung. Sich beflügelt fühlen, also angstfrei. Neugierig sein, aufrecht, tatkräftig, lustvoll, motiviert.

Wir haben es ja alle in uns, das befreiende Gefühl der Vorwärtsbewegung, sowie das zurückhaltende Gefühl der Erstarrung. Wie wahrscheinlich es dann doch sein muss, dass innere Konflikte regelmäßig auftreten. Vielleicht nicht so bewusst, wie ich es geschildert habe, aber sie müssten dann doch recht häufig auftreten, bei uns Menschen.

Und wenn wir diese körperlichen Vorgänge als wahr definieren, was machen wir nun damit? Vielleicht könnten wir ihnen mal einen Raum geben, einen Aufenthaltsraum, oder sogar eine Wohnung, oder vielleicht sogar ein Zuhause. Wir könnten ihnen ein Bettchen machen und ein Essen zubereiten, eine gemütliches Licht anschalten, eine angenehme Musik auflegen und uns dazugesellen. Ein Pläuschen halten. Zeit miteinander verbringen. Da sein.

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