Staub

Wieso brauchen wir andere Menschen, um uns selbst zu erkennen? Ist das ein Erbe, welches jedes soziale Wesen sein Eigen nennen kann oder muss. Hat es damit zu tun, dass wir Herdentiere sind, die sich an der Gruppe orientieren? Oder hat es etwas mit unserer Physiologie zu tun? Einfach aus der Tatsache heraus, dass unser Geist aus unseren Augen hinaussehen und nicht hinein?

Die Sinneswahrnehmungen sind grundsätzlich nach außen gerichtet, nehmen auf, was die Umgebung zu bieten hat. Unersättlich werden Reize aufgesaugt und verarbeitet. Wie ein Staubsauger der winzige Teilchen in sich aufnimmt. Alles will einverleibt werden. Und doch haben wir Filter, um einen Überschuss zu vermeiden oder vielleicht eher eine Verstopfung.

Unser Körper ist ein Sammelsurium an Systemen, die sich zu einem vereint haben. Kleinstlebewesen die sich zu einem großen gestapelt haben. Bakterien die sich in unsere DNA hineingeschrieben haben. Wenn wir aber vom „Ich“ sprechen, sprechen wir nicht von einer Gruppenidentität, sondern von einer sehr isolierten, ganz eigenen.

Wie schaut das nun mit unserer Psyche aus. Sind wir wirklich ein abgekapseltes Individuum?

Brauchen wir nicht sozialen Kontakt, um überhaupt sein zu können? Kann es sein, dass wir uns eben nur durch die anderen wirklich wahrnehmen können?

Warum ist es eine existentielle Sehnsucht, gesehen zu werden? Und wenn man noch tiefer gräbt, eigentlich als das was wir wirklich sind. Aber ist das überhaupt möglich?

Der Blick auf einen verrät, dass wir existieren. Er ist wie Mikrowellen, die kleinste Moleküle zum schwingen bringt. Schwingung ist Bewegung. Werden wir nicht innerlich bewegt, wenn wir wahrhaftig gesehen werden?

Dieser Blick kann aber auch ganz anders sein. Er kann einen verstören, er kann wie ein Laser sein, der nicht unseren Kern trifft, sondern vorbei zielt. Wir wissen dann das er kein Blick auf uns ist, er ist nur Ausdruck des anderen. Eine Attacke auf die Dämonen in seinen eigenen Kopf. Seine Welt ist verzerrt, wie auch das Bild von mir.

Er kann nicht liebevoll erkundschaften, und Gleiches erkennen. Er sieht Fremdes. Fremdes, was er nicht sein Eigen nennen möchte. Möchte den Laser darauf richten und verbrennen, was in ihm unangenehme Gefühle erzeugt.

Würde er zulassen, zu erkennen, dass auch das Fremde ein Teil von ihm ist, dann müsste er sich selbst anders sehen. Müsste seine eigene Fehlbarkeit erkennen. Müsste das Dunkle annehmen, welches seit Anbeginn der Zeit sowieso existierte. Sind wir nicht alle Sternenstaub, hinausgeblasen in die Dunkelheit, ins Nichts?

Wer wird diesen Teil aufsaugen, wer wird ihn nicht filtern und ihn in den Müll schmeißen?

Wer wird ihn liebevoll erkundschaften und aus Teilen, ein Ganzes machen?

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