Tanz

Was hält uns ab zu tanzen? Was lässt uns innehalten vor der Befreiung, vor unserem inneren Rhythmus, vor dem Herumgewirbel? Was begrenzt uns, sodass wir keinen Versuch starten, unsere Beine und Arme wild umher zucken zu lassen? Was flüstert: Stopp; bevor wir begonnen haben? Was lässt Energie stocken und in einem endlosen Kreislauf im eigenen Organismus zirkulieren, anstatt sich außen auszubreiten? Welche Kraft lässt uns verstummen, wenn wir lauthals singen wollen?

Wer begleitet mich hinaus? Welche Hand wird mich halten, wenn ich stürze? Wer wird sich an meinen Tanz erfreuen? Wer wird meine Bewegungen aufnehmen und weiterführen zu einer neuen Bewegung?

Wer wird mir den Raum geben? Wer wird mein Lachen hören? Wer wird dem einstimmen und als Echo für mich hörbar sein?

Wird es die Sonne sein, die auf meine Haut strahlt? Wird es der Wind sein, der meine Haare zerzaust? Wird es Gott sein, der mich beobachtet? Oder ein Vogel, der hoch oben in der Baumkrone sitzt? Werden es die Geister der Toten sein? Oder meine imaginären Freunde? Wird es die Zeit sein, die spürbar wird, durch das Ticken meiner Uhr? Oder werden es meine Gefühle sein, die mir Rückmeldung geben werden, dass ich lebe?

Was trägt einen in jedem Moment der Zeit? Was lässt einen weitergehen? Was bringt einen in Bewegung, in eine Aktion zum Zukünftigen? Was treibt einen dorthin? Und wohin?

Welche Ziele füllen unser Herz aus? Welche Stimmen locken uns ins Unbekannte? Oder sind es Peitschenhiebe, die in der Luft ein lautes Schnalzen ertönen lassen? Sind es Dämonen, die uns antreiben, uns immer weiter rennen lassen? Ist es der Teufel der uns beobachtet und uns flüchten lässt? Ist es der Wind, der uns wegfegt? Ist es die Sonne, die uns mit ihrer Hitze in den Schatten treibt? Ist es die tickende Uhr, die uns an unseren Tod erinnert? Oder die Verstorbenen, die uns an das Vergängliche erinnern? Ist es der Vogel, der frei in der Höhe sitzt? Ist es der eingebildete Freund, der uns sehnen lässt?

Und ja, es könnte sein, dass es Gefühle sind, die uns antreiben.

Gefühle aus der Vergangenheit, der Gegenwart und Zukunft. Gefühle aus der Zukunft? Gedachte Gefühle.

Können wir nur tanzen, in einer gewissen Selbstvergessenheit? In einer Weltvergessenheit? Oder ist es das Gegenteil? Ist es Präsenz? Ist es Bewusstheit über sich selbst und die Welt? Ist es ein Zustand des alles und nichts? Alles in sich zu tragen und gleichzeitig nichts?

Müssen wir spüren, wie viel wir sind und gleichzeitig, wie wenig wir sind? Die Schönheit der Bedeutungslosigkeit? Nichts sein zu müssen, als man selbst. Nicht mehr und nicht weniger. Eine Nuss am Boden liegend. Ein Grashalm auf der Wiese. Ein Stein im Fluss.

Wird mich das zum Tanzen bringen? Kann ich dort Frieden finden?

Oder brauche ich einen Beobachter, der mich sieht? Der den Stein inmitten des Flusses sieht. Oder reicht das Wasser aus, welches mich umspült und meine Existenz bezeugt?

„Ich denke, also bin ich.“ Ist das der Weisheit letzter Schluss? Es fühlt sich nicht so an.

Ein Monolog mit mir selbst, wird mir weniger das Gefühl geben, zu existieren, auch wenn ich es augenscheinlich tue.

Um man selbst zu sein, bedarf es mehr.

Vielleicht müssen wir in allem sein, bevor wir in uns sind. Vielleicht müssen wir die Sonne sein, der Wind, Gott, der Vogel, die Geister, die Freunde, die Zeit und die Gefühle. Vielleicht fühlen wir uns dann begleitet, weil wir Teil in jedem Teil des Ganzen sind. Uns umgeben fühlen von Gleichgesinnten, sicher und aufgehoben. Tief verstanden. Gesehen.

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