Brief an Baron Society

Edelster Herr,

mit staunenden Augen darf ich auf eine unvergessliche Zeit mit Ihnen zurückblicken. Meine Wenigkeit durfte Feste des Jahrhunderts beiwohnen, welche Sie Herr Baron mit einer nie endenden Strebsamkeit wie Blumen aus der Erde zauberten.

Ach da kommen auch schon Erinnerungen über mich. Das letzte Festmahl, mit dem erlesenen französischen Wein und den knusprig gebratenen Täubchen. Natürlich mein Herr, spreche ich auch von den weniger gefiederten Täubchen. Politika und Polizia scheinen Wesen wie von einem anderen Stern zu seien.

Ihre Gesellschaften waren immer was Besonderes, ich fühlte mich stets geehrt eingeladen worden zu sein. Sie wissen bestimmt, dass ich hier nicht alleine bin. Erst letztens erzählte mir Herr Moneten, wie dankbar er sei unter ihre Fittiche genommen worden zu sein. Auch Graf Bullet konnte es nicht lassen, mir in wiederholter Folge große Geschichten von Ihnen zu erzählen. Was für ein ehrenwerter und gestandener Herr sie doch seien. Wie wahr, wie wahr, sie sind ein Mann der Taten. Sie haben wahrlich Großes bewirkt.

Gerade aus diesem Grund, werde ich Ihnen mit erhobenen Hauptes und geradem Rücken eines gestehen müssen: Sie waren ein treuer Gefährte. Schon unsere Eltern und die Eltern der Eltern haben gemeinsam einen Weg beschritten. Waren verbunden bis aufs Blut. Ein Pakt, der allen Familien Wohlstand und Sicherheit brachte.

Gestern sah ich mir ihren Vogel Parley genauer an. So oft bewunderte ich sein buntes Gefieder und seine lustigen Tricks. Doch dieses Mal erblickte ich nicht den Vogel, sondern den Käfig. Frau Baronin erklärte mir, die besondere Handwerkskunst des edlen Stückes, aus hochwertigen Eisen geschmiedet, mit feinen hauchdünnen Gold überzogen. Ein Meisterwerk, so versicherte mir Graf Raffgier. Und ohne dies in Frage stellen zu wollen, überkam mich Traurigkeit. Über Metall und Gold? Oh nein mein Herr, über die Spalten dazwischen. Sah der Vogel nicht tagtäglich die Freiheit durch sie hindurch? Konnte er nicht seinen Kopf hinausstrecken und zwitschern?

Es war nicht der Vogel, der mich bekümmerte, es war nicht das Geschmiedete, es waren die winzigen Fenster, die Hoffnung versprachen. Herr Baron, ich entschuldige mich für mein Trübsalblasen, aber ich kann es mir nicht verwehren, dies mit Ihnen zu teilen. Waren sie doch schon immer ein Mann der Taten, so werden sie mich verstehen, für meine.

Meine Geschichte geht weiter, nachdem ich aus ihrem Haus hinauszustolpern gedachte, mit schweren Beinen und leichtem Kopf. Die Säulen in ihrer Eingangshalle begannen sich für mich zu drehen. Ich sah vor mir ein buschiges Bouquet aus gefiederten Blumen. Und mein Herz zerbrach. Plötzlich, still und leise. Und ich sah die Welt aus den Augen des Vogels.

Hier sitze ich nun da, Herr Baron, und will meinen Mut zusammennehmen um Ihnen zu sagen: Ich will es wagen. Ich will es wagen, frei zu sein.

Ihr ehemaliger Freund

Frei Denker

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.