Stillstand

In mir herrscht ein stiller Kampf. Unscheinbar bekämpfen sich zwei Seiten in mir. Ich kann es nicht leugnen, ich werde verlieren.

Ich habe es mir nicht ausgesucht, so zu sein. Ich habe diesen Kampf nicht eröffnet, habe nicht darum gebeten. Und trotzdem muss ich dem beiwohnen.

Muss die Stimmung fühlen, die sich zusammengebraut hat. Das hetzende Hinauflaufen, wie eine galoppierende Herde, die Erde bebt, die Staubwolke drückt die reine Luft davon. Es galoppiert durch meinen Körper, möchte sich wie ein wütendes Feuer seinen Weg bahnen und hinauszüngeln.

Es weiß noch nichts davon, aber es wird nicht dazu kommen. Es wird nirgendwohin gehen.

Der Lauf wird unterbrochen von einer kleinen Gestalt die stumm eine Glaswand aus dem Boden zaubert. Es ist eine Barriere, die so dünn und doch so wirkungsvoll ist. Die schnaubende Herde ist nicht zu stoppen, sie wird weiterlaufen, egal was es kostet. Sie glaubt, sie könne die Scheibe mit einem kräftigen Stoß durchbrechen. Es muss ein bestimmter Stoß sein, ohne Zweifel. 

Die Köpfe durchbrechen das Glas ohne Mühe, die Wand zerspringt in kleinste Teile und ist sogleich schon wieder vergessen. Leichte Schrammen werden als Ausdruck des Sieges gesehen, und die Beine stampfen noch wütender in den Boden.

Die Kraft des Glases ist aber nicht die Stabilität, sie ist die Beständigkeit. Immer wieder, mit einer unendlichen Geduld, wachsen durchsichtige Wände aus dem Boden. Jede Wand bezwingbar. Jede einzelne Wand besiegbar. Und doch, es verändert sich etwas.

Die Geschwindigkeit lässt nach. Die Muskeln werden schwerer. Ein Gedanke macht sich breit: „Es endet nie.“

Jeder Sieg ist ein Schritt zur Niederlage. Jeder weitere Schritt nach vorne, bringt mich zurück zum Anfangspunkt.

Ein tiefer Schmerz macht sich breit. Ein Fall ohne Halt, ohne Licht. Alles ausgelöscht, ein dürres Land, ohne Kampf, ohne Sieg, ohne Niederlage, nur Weite. Vergessen, was einmal war, vergessen was sein kann. Stillstand. Eine unerträgliche Zeitlupe von Bildern, die sich nicht verändert.

Alles komprimiert zu einem Punkt, der immer kleiner zu werden scheint. Ein Sandkorn. Ich wünschte mir, es würde bald weggespült werden. Es ist aber ein Wahnmal für einen Kampf, der mir viel abverlangt hat. Der Punkt auf das alles zurückkommt. Ein Symbol des Endes.

Aus der staubaufwirbelnden galoppierenden Herde wurde ein tiefer Seufzer. Aus meinen Nasenlöchern entströmt ein feiner Sandnebel. Was zurückbleibt, vor meinem geistigen Auge, ein schwarzer Punkt….

Ein Gedanke zu „Stillstand

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